Sexualität im Alter – ein Thema, das oft im Dunkeln bleibt und von gesellschaftlichen Bewertungssystemen umgeben ist. Während wir uns in einer Zeit des Wandels und der Offenheit befinden, scheint das Thema Sex im Alter immer noch von Tabus durchdrungen zu sein. Doch warum ist das so? Im folgenden Artikel möchten wir uns mit den gesellschaftlichen Bewertungssystemen auseinandersetzen, die Sex im Alter nach wie vor zu einem Tabuthema machen.
Gehörten Sie auch zu jenen Kindern, die das Gesicht verzogen, wenn sich die Eltern küssten? Oder hielten Sie Ihre Grosseltern gar für asexuelle Wesen? Damit sind Sie nicht allein: Solche Vorurteile entspringen gesellschaftlichen Bewertungssystemen, die auch heute noch unsere Sicht auf Sexualität im Alter prägen. Doch weshalb ist das so? Lassen Sie uns gemeinsam verschiedene Bewertungssysteme ansehen und ergründen, weshalb sie das Tabu um Sexualität im Alter aufrechterhalten.
Kindliche Vorstellungen
Unsere Einstellung zur Sexualität im Alter wird oft von tief verwurzelten Vorstellungen und Erinnerungen aus unserer Kindheit geprägt. Als Kinder betrachten wir unsere Eltern oder Grosseltern oft als Menschen, die über solche intimen Themen wie Sex erhaben sind. Diese Vorstellung kann uns als Erwachsene immer noch begleiten und dazu führen, dass wir uns unwohl fühlen, wenn wir über das Liebesleben älterer Menschen nachdenken oder sprechen.
Gesellschaftliche Normen
In einer Welt, die stark von Jugendlichkeit und Schönheit geprägt ist, neigen wir dazu, Sex mit jungen, attraktiven Menschen in Verbindung zu bringen. Zudem vermitteln Medien und Werbung uns oft ein Bild von Sexualität, das ausschliesslich auf jugendliche Körper und ästhetische Perfektion ausgerichtet ist. Ältere Menschen und ihre Sexualität passen oft nicht in dieses Bild und werden daher häufig ignoriert oder tabuisiert.
Themenreihe „Sexualität im Alter“
Historische Einschränkungen
Vor der sexuellen Revolution der 1960er und 1970er Jahre war die Sexualität vieler Frauen stark eingeschränkt. Gesellschaftliche Normen und kulturelle Tabus verhinderten, dass Frauen offen über ihre sexuellen Bedürfnisse sprachen oder diese auslebten. Auch heute noch können diese tief verwurzelten Einschränkungen dazu führen, dass ältere Frauen sich unwohl fühlen, über ihre Sexualität zu sprechen oder sie auszuleben.
Die Bewertungstheorie
Zentral ist die Annahme, dass Emotionen erst durch die kognitive Bewertung einer Situation ausgelöst werden. Diese Bewertung erfolgt auf der Grundlage persönlicher Wünsche, Ziele und der individuellen Einschätzung, wie gut die Situation bewältigt werden kann.
Interessanterweise können zwei Personen in exakt gleichen Situationen unterschiedliche Emotionen erfahren, da ihre Bewertungen eben dieser Situation variieren. Bekannte Theorien auf diesem Gebiet sind unter anderem die ‘Kognitive Emotionstheorie‘ von Magda Arnold sowie die ‘Bewertungstheorie‘ nach Lazarus.
Mangelnde Privatsphäre
In Pflegeeinrichtungen und Altersheimen fehlt es oft an Privatsphäre und Raum für Intimität. Die Bedürfnisse älterer Menschen nach Nähe und Zuneigung werden oft vernachlässigt oder ignoriert. Dies kann dazu führen, dass ältere Menschen sich zurückhalten, wenn es um ihre sexuellen Bedürfnisse und Wünsche geht; aus Angst vor Ablehnung oder Missbilligung.
Schweigen als Norm
In unserer Gesellschaft herrscht oft Schweigen über das Thema Sexualität im Alter. Dieses Schweigen kann dazu führen, dass ältere Menschen sich allein und isoliert fühlen mit ihren Bedürfnissen und Wünschen. Indem wir das Gespräch über Sexualität im Alter tabuisieren, verwehren wir älteren Menschen die Möglichkeit, offen über ihre Bedürfnisse zu sprechen und Unterstützung zu erhalten.
Kulturelle und religiöse Einflüsse
Kulturelle und religiöse Überzeugungen spielen bei der Tabuisierung von Sexualität im Alter ebenfalls eine Rolle: In vielen Kulturen und Religionen wird Sex oft mit Fortpflanzung und Jugendlichkeit assoziiert. Das kann dazu führen, dass das Thema Sexualität im Alter als unpassend oder sogar unangemessen angesehen wird.
Gesundheitliche Aspekte und medizinische Bewertungssysteme
Auch medizinische Bewertungssysteme können zur Tabuisierung von Sexualität im Alter beitragen. Ältere Menschen werden oft als «austherapiert» angesehen und ihre sexuellen Bedürfnisse und Probleme werden nicht ernst genommen oder ignoriert. Darüber hinaus können gesundheitliche Probleme wie Erektionsstörungen oder vaginale Trockenheit das Selbstwertgefühl älterer Menschen beeinträchtigen und sie davon abhalten, über ihre Sexualität zu sprechen.
Soziale Normen und Stereotypen
Soziale Normen und Stereotypen über das Altern und Sexualität spielen ebenfalls eine Rolle bei der Tabuisierung dieses Themas. Ältere Menschen werden oft als asexuell oder nicht mehr sexuell aktiv angesehen, was dazu führen kann, dass sie sich unverstanden oder unerwünscht fühlen, wenn sie ihre sexuellen Wünsche äussern. Dies kann dazu führen, dass ältere Menschen ihre sexuellen Bedürfnisse unterdrücken oder verstecken, um sozialen Erwartungen zu entsprechen.
Sexualität im Alter bleibt ein hartnäckiges Tabuthema, das von den verschiedensten gesellschaftlichen Bewertungssystemen eingekreist wird. Doch um diese Mauern der Stille und Scham zu durchbrechen, ist ein Umdenken erforderlich. Es ist an der Zeit, dass die Gesellschaft ihre Einstellung gegenüber dem Alter und der Sexualität grundlegend überdenkt und ältere Menschen dazu ermutigt, ohne Hemmungen über ihre intimen Bedürfnisse und Wünsche zu sprechen.
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