Ein Glas zu viel: Die Herausforderung der Alkoholsucht im Alter

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Alkoholkonsum im Alter wird oft übersehen, obwohl er weit verbreitet und sehr problematisch sein kann. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das unterschätzte Problem der Alkoholsucht im Alter und geben Ihnen wertvolle Tipps, wie Sie betroffenen Angehörigen helfen können.

Viele kennen das – ein Gläschen zum Entspannen oder als gängiges Ritual nach einem langen Tag. Doch was passiert, wenn aus diesem kleinen Genuss eine tägliche Gewohnheit wird, die ausser Kontrolle gerät? Alkoholsucht im Alter ist ein Thema, das oft unter den Teppich gekehrt wird. Aber es stellt ein ernstes Problem dar.

Schockierende Statistiken

Die Zahlen sind alarmierend: In der Schweiz sind zwischen 250‘000 und 300‘000 Menschen alkoholabhängig. Besonders bei den über 65-Jährigen steigt der tägliche Alkoholkonsum stark an. Laut Suchtmonitoring Schweiz trinken 22.2 Prozent der 65- bis 74-Jährigen täglich Alkohol, bei den über 74-Jährigen sind es sogar 26.2 Prozent. Der chronisch risikoreiche Konsum – das bedeutet mehr als vier Gläser Wein pro Tag bei Männern und mehr als zwei bei Frauen – ist ebenfalls hoch.

Das stille Leiden hinter verschlossenen Türen

Personen über 65 Jahre haben den höchsten Anteil an chronisch riskantem Alkoholkonsum. Das Problem wird oft nicht frühzeitig erkannt, was eine rechtzeitige Behandlung erschwert. Die soziale Stigmatisierung trägt dazu bei, dass viele Betroffene sich schämen und nicht den Mut haben, Hilfe zu suchen. Doch nur durch frühzeitiges Eingreifen und eine offene Auseinandersetzung mit dem Thema kann der Teufelskreis durchbrechen.

Ursachen für Sucht im Alter

Das Älterwerden bringt viele Herausforderungen mit sich, die zu einem erhöhten Alkoholkonsum führen können. Einsamkeit, der Verlust des Partners oder von Freunden, Depressionen und chronische Schmerzen sind nur einige der Auslöser. Manchmal greifen Senior:innen auch zur Flasche, um sich selbst zu medikamentieren oder eine befristete Medikation unkontrolliert fortzusetzen. Diese kritischen Lebensereignisse und psychischen Belastungen machen es schwer, den Überblick über den eigenen Konsum zu behalten, und können schnell in eine Abhängigkeit führen.

Symptome und Anzeichen: Die stillen Warnsignale erkennen

Die Anzeichen einer Alkoholsucht sind vielfältig und oft schleichend. Frühe Warnzeichen können ein zunehmender Suchtdruck und Kontrollverlust beim Konsum sein. Betroffene benötigen immer mehr Alkohol, um dieselbe Wirkung zu erzielen, und entwickeln körperliche Entzugserscheinungen, wenn sie die übliche Menge nicht trinken. Der Konsum bestimmt zunehmend den Alltag und hindert die Betroffenen daran, ihren Interessen nachzugehen oder ihren Verpflichtungen nachzukommen. Es ist wichtig, diese Unterschiede zwischen problematischem Konsum und einer manifesten Abhängigkeit zu erkennen, um rechtzeitig handeln zu können.

Risiken und gesundheitliche Auswirkungen

Übermässiger Alkoholkonsum hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit, insbesondere im Alter. Physische Schäden wie Leberschäden, Bluthochdruck und gastrointestinale Probleme sind häufige Folgen. Auch die psychische Gesundheit leidet: Alkohol kann Depressionen und Angstzustände verstärken und das Risiko für Suizidgedanken erhöhen. Besonders gefährlich sind die Wechselwirkungen zwischen Alkohol und Medikamenten. Diese kann zu verstärkter Sedierung, Blutdruckabfall und eingeschränkter Fahrtüchtigkeit führen. Langfristig beeinträchtigt Alkoholmissbrauch die Lebensqualität erheblich und führt zu einer Spirale aus gesundheitlichen Problemen und teilweise auch sozialer Isolation.

Diagnostik und Erkennung: Den Alkoholkonsum im Blick behalten

Wie erkennt man eigentlich, ob der Alkoholkonsum bei älteren Menschen problematisch wird? Hausärzt:innen und Fachpersonen spielen eine entscheidende Rolle bei der frühzeitigen Erkennung. Regelmässige Gesundheitskontrollen sind daher unerlässlich, um erste Warnsignale zu entdecken und frühzeitig entgegenzusteuern.

Wege aus der Sucht

Es gibt verschiedene Therapiemöglichkeiten, die speziell auf ältere Menschen zugeschnitten sind. Ob ambulant, stationär oder medikamentös – die Behandlung muss individuell angepasst werden. Altersspezifische Beratungsangebote und Unterstützungsnetzwerke, wie die Caritas-Fachambulanzen, bieten wertvolle Hilfe. Prävention ist ebenso wichtig: Durch gezielte Strategien können Suchterkrankungen im Alter vermieden werden.

Gemeinsam stark gegen die Sucht

Wenn es darum geht, ältere Menschen im Kampf gegen Alkoholsucht zu unterstützen, sind Angehörige oft die erste und wichtigste Hilfe. Anstatt Vorwürfe zu machen oder den Betroffenen das Gefühl zu geben, sich rechtfertigen zu müssen, ist es entscheidend, mit Verständnis und Geduld an das Thema heranzugehen. Die Herausforderung besteht darin, eine Balance zwischen Unterstützung und Eigenverantwortung zu finden.

1. Verständnis und Empathie zeigen

Alkoholabhängigkeit im Alter ist häufig das Ergebnis von Einsamkeit, Stress oder dem Versuch, mit schwierigen Lebensphasen umzugehen. Angehörige sollten daher einen offenen und verständnisvollen Dialog führen. Suchen Sie das Gespräch und hören Sie zu. Zeigen Sie, dass Sie die Sorgen und Ängste der betroffenen Person ernst nehmen und Sie bereit sind, gemeinsam Lösungen zu finden.

2. Soziale Kontakte und aktive Lebensgestaltung fördern

Einsamkeit kann ein grosser Risikofaktor für Alkoholsucht sein. Unterstützen Sie Ihre Angehörigen dabei, soziale Kontakte zu pflegen und aktiv am Leben teilzunehmen. Ob es sich um regelmässige Besuche bei Freunden, die Teilnahme an Seniorengruppen oder gemeinsame Freizeitaktivitäten handelt – soziale Interaktionen können helfen, die Isolation zu durchbrechen und positive Erlebnisse zu schaffen.

3. Stressbewältigung und Lebensqualität verbessern

Der Umgang mit Stress ist ein weiterer Schlüssel zur Vorbeugung von Alkoholmissbrauch. Helfen Sie, Stressoren im Alltag zu identifizieren und Wege zu finden, um damit umzugehen. Dies kann durch sportliche Aktivitäten, Hobbys oder kreative Beschäftigungen geschehen. Ein ausgeglichener Tagesablauf und die Einbindung in sinnvolle und erfüllende Aktivitäten tragen dazu bei, dass der Alltag positiv gestaltet wird.

4. Professionelle Hilfe und Unterstützung nutzen

In vielen Fällen ist professionelle Unterstützung unerlässlich. Informieren Sie sich über Beratungsstellen, Suchttherapeuten und Unterstützungsgruppen, die speziell auf ältere Menschen ausgerichtet sind. Oftmals können bereits kleine Änderungen im Lebensstil und gezielte therapeutische Massnahmen grosse Wirkung zeigen.

5. Präventive Massnahmen und regelmässige Gesundheitskontrollen

Regelmässige Gesundheitschecks sind wichtig, um frühzeitig Probleme zu erkennen und gegebenenfalls gegensteuern zu können. Besprechen Sie mit dem Arzt oder der Ärztin, wie der Alkoholkonsum überwacht werden kann und welche präventiven Massnahmen sinnvoll sind.

6. Positive Beispiele und Ermutigung

Zeigen Sie Ihrem Angehörigen positive Beispiele und bieten Sie ermutigende Worte an. Geschichten von anderen Menschen, die erfolgreich ihren Alkoholkonsum reduziert oder gestoppt haben, können inspirieren und Hoffnung geben. Unterstützen Sie Ihre:n Angehörige:n darin, kleine Erfolge zu feiern und Rückschläge als Teil des Prozesses zu betrachten.

Hoffnung und Hilfe für Betroffene

Zusammenfassend wird deutlich, dass Alkoholsucht im Alter ein ernstes, aber behandelbares Problem ist. Ein offener Umgang mit dem Thema und frühzeitige Interventionen können viel bewirken. Fachpersonen und die Gesellschaft sind aufgefordert, Betroffene zu unterstützen und ihnen neue Perspektiven aufzuzeigen. Positive Beispiele zeigen, dass auch im Alter ein Weg aus der Sucht möglich ist und Betroffene wieder mehr Lebensqualität gewinnen können.

(SR)

 

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