Wechseljahre beim Mann: Mythos oder verkanntes Problem?

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Während bei Frauen die Wechseljahre bekannt und anerkannt sind, bleibt die Frage nach den Wechseljahren beim Mann ein umstrittenes Thema. Doch was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Gibt es die männlichen Wechseljahre überhaupt oder handelt es sich um einen Mythos? Wir werfen einen Blick auf die Fakten rund um die Wechseljahre des Mannes.

Mit dem Älterwerden durchläuft der Körper eine bedeutende Veränderung, die nicht nur äusserlich spürbar ist, sondern auch auf hormoneller Ebene stattfindet. Insbesondere, wenn Männer sich der Lebensmitte nähern, beginnt eine transformative Phase, die nicht selten von inneren Unsicherheiten begleitet wird. Die Abnahme der sexuellen Lust, das Nachlassen der Muskelmasse und die Zunahme von Bauchfett können nicht nur körperliche, sondern auch mentale Belastungen darstellen.

Für viele Männer werden diese Veränderungen zu einem Symbol für Vergänglichkeit und Verlust. Die Sorge, den eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht zu werden, kann zu Stress und Angst führen. Aber hat das nun mit den Wechseljahren zu tun, oder führen doch andere Umstände zu diesen Symptomen?

Hormonelle Veränderungen beim Mann

Wenn von «männlichen Wechseljahren» die Rede ist, tauchen oft Begriffe wie «Klimakterium virile» oder «männliche Andropause» auf. Diese Ausdrücke sollen darauf hinweisen, dass Männer im Alter ähnliche hormonelle Veränderungen erleben können, wie Frauen in den Wechseljahren. Doch ist das tatsächlich der Fall?

Das Phänomen der männlichen Wechseljahre wurde bereits 1910 vom Neurologen Kurt Mendel aufgegriffen, der einen wissenschaftlichen Artikel über das Absinken des Testosterons und die verringerte Libido beim Mann verfasste. Der Begriff der Wechseljahre trifft bei Männern jedoch laut seinen Erkenntnissen nicht ganz zu: Vielmehr stehen die meisten Beschwerden in Zusammenhang mit einem Testosteronmangel. Im Gegensatz zur abrupten Abnahme weiblicher Hormone während der Menopause, verläuft der Hormonabbau bei Männern nicht so schnell und drastisch. Der Testosteronspiegel sinkt bei Männern allmählich und langsam im Laufe der Jahre, wobei verschiedene Faktoren diesen Prozess beeinflussen können.

Kein gemeinsames, männliches Schicksal

Testosteronmangel betrifft nicht jeden. Laut Endokrinologe Prof. Dr. Michael Zitzmann hat das Alter allein keinen signifikanten Einfluss auf den Testosteronspiegel. Selbst ein gesunder 80-jähriger Mann kann genauso viel Testosteron haben wie ein junger Mann. Der entscheidende Faktor liegt eher im Bereich des Körpergewichts. Übergewicht, insbesondere das tiefer gelegene viszerale Fett, kann Testosteron in Östrogen umwandeln. Dieser Prozess kann zu einem Rückgang des Testosteronspiegels und infolgedessen zu einem Verlust von Muskelgewebe führen. Dieser Definition zufolge gibt es also tatsächlich keine Wechseljahre beim Mann.

Endokrinologische Andrologie

Die endokrinologische Andrologie verknüpft die Betreuung von männlichen Patienten mit der Erforschung der Zusammenhänge zwischen Sexualhormonen, metabolischen Störungen, Fertilität und Genetik. Es werden diagnostische Schemata und Behandlungsprotokolle für spezifische Patientengruppen entwickelt. Diese sind bereits in internationale Leitlinien eingeflossen.

Wie kommt es zu Testosteronmangel?

Ein niedriger Testosteronspiegel kann verschiedene Ursachen haben, darunter Diabetes, Herzerkrankungen, Stress und Übergewicht. Zahlreiche Umstände können den Wert des männlichen Geschlechtshormons zusätzlich absenken und negativ beeinflussen. Auch spezielle Krankheiten können zu einem Testosteronmangel führen, wie etwa angeborene oder genetisch bedingte Erkrankungen, die das Hodengewebe schädigen, oder erworbene Schädigungen wie eine Entzündung durch eine Mumpsinfektion. Erkrankungen im Bereich der zentralen Hormonregulationsdrüse (Hirnanhangsdrüse) durch gutartige Tumoren sind ebenfalls eine Ursache für Testosteronmangel.

Sexuelle Unlust = Testosteronmangel?

Die Symptome eines Testosteronmangels sind vielfältig und häufig unspezifisch. Sie reichen von verminderter Libido, depressiven Symptomen und Erektionsstörungen bis hin zu einer Abnahme der Muskelmasse und -kraft, Körperbehaarung oder einer verminderten Knochendichte. Es ist wichtig zu beachten, dass ein einzelnes Symptom wie eine Erektionsstörung häufig keinen direkten Zusammenhang mit dem Testosteron-Stoffwechsel haben muss, da auch andere Ursachen dafür infrage kommen können. Eine genaue Diagnose kann nur durch ärztliche Untersuchung und Labortests gestellt werden.

Diese Behandlungsmöglichkeiten gibt es

Potenzmittel können bei sexuellen Problemen helfen. Dabei ist jedoch Vorsicht ist geboten: Potenzmittel sollten nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden!

Eine Hormonersatztherapie kann in Betracht gezogen werden, um den Testosteronspiegel zu regulieren und die Libido zu verbessern. Sport und eine ausgewogene Ernährung können auch einen helfen, um der Müdigkeit oder dem erhöhten Gewicht gegenzusteuern. Bei Schlafproblemen können pflanzliche Heilmittel wie Hopfen oder Baldrian helfen. Des Weiteren kann eine Paarberatung dabei unterstützen, allfällige Veränderungen in der (Sexual-) Beziehung zu meistern.

Hormontherapie als Lösung?

Wenn der Testosteronspiegel zu niedrig ist, kann eine Hormontherapie ins Spiel kommen, um die sexuelle Leistungsfähigkeit zu steigern. Das ist besonders bei Männern, die noch einen Kinderwunsch hegen, eine Option. Es ist jedoch Vorsicht geboten: Eine Hormontherapie sollte immer unter ärztlicher Aufsicht erfolgen; denn sie birgt viele Risiken.

Symptome ernst nehmen

Das Älterwerden in Verbindung mit nachlassender Libido und Erektionsfähigkeit, kann mit einer Vielzahl von mentalen Herausforderungen verbunden sein, die Wohlbefinden und Lebensqualität beeinträchtigen können. Unruhe, Nervosität oder Stimmungsschwankungen können das tägliche Leben stark beeinflussen und führen teilweise sogar zu einem Gefühl der Verlorenheit oder Entfremdung.

Entscheidend ist, dass die mentalen Herausforderungen des Älterwerdens anerkennt werden und offen darüber gesprochen wird. Der Austausch mit Partner:in, Freunden oder Fachleuten kann helfen, Unterstützung zu finden und Wege zu entdecken, mit den Veränderungen umzugehen. Nebst Gesprächen gibt es auch andere Behandlungsmöglichkeiten, die helfen, die emotionalen Symptome zu bewältigen: Entspannungstechniken wie Meditation oder Yoga können dabei unterstützen, Stress abzubauen und die innere Ruhe wiederzufinden. Ebenso bieten kognitive Verhaltenstherapie oder Beratungsgespräche die Möglichkeit, negative Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern.

(SR)

 

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